Behind the scenes Part I
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Jeder aufgeschlossene Mensch mit gelungenem Lebenswandel kennt wohl den unsäglichen Neid der Besitzlosen und möglicherweise gehören auch Sie zu den starken Persönlichkeiten, deren Leben von diesem diffusen Hintergrundrauschen begleitet wird. Ich selbst durfte schon sehr früh erfahren, was es heißt, eine Auserwählte zu sein. Denn mir wurden nicht nur besondere Gaben im Übermaß gereicht, sondern auch die damit verbundenen, teils unmenschlich schweren Prüfungen. Das Universum musste schließlich sicherstellen, dass man den großen Aufgaben, die mit dem eigenen Schicksal verbunden sind, auch gerecht werden kann. Leider machen sich jedoch die wenigsten der oft ungläubigen Außenstehenden darüber die entsprechenden Gedanken. Es ist schließlich wesentlich bequemer, in Klatsch und Tratsch zu verfallen, als die Hemdsärmel selber mal ordentlich hochzukrempeln. Mir wurde erst heute wieder bewusst, was ich schon alles hinter mir habe und wie unfassbar meine Leistungen eigentlich in den Augen der anderen sein müssen. Unter uns gesagt: Ich kann es manchmal selber kaum glauben und das habe ich eben erst erneut feststellen dürfen. Die bis zum Rand gefüllte Papiertonne musste nämlich aus dem Hof raus durch den Flur auf die Straße, was nicht nur mit diversen Stufen verbunden war. Wäre ich nicht zu meiner allergrößten Freude in Schlauhausen zur Welt gekommen, dann hätte ich eine Umschichtung vornehmen müssen; also erst die leere Tonne vor die Türe bringen, um diese dann vor Ort zu befüllen. Aber man kennt ja den uralten Trick mit den Stufen und dem Brett: "Je schräger das Brrrtt, desto schneller das Sssst, umso lauter der Bmmms", daher konnte ich die zu weiten Teilen mit gammeligen Büchern bestückte Tonne bequem und ohne großes Aufhebens vor mein Haus bugsieren. Mein geplagter Bauch dankt es mir, denn die schwierige Operation, welche im Sommer nötig wurde und die nur die erste von zweien war, erinnert mich jetzt jedes Mal an die massiven Schäden, die meinem Körper durch die schwere Arbeit zugefügt wurden. "Den Bierkasten trägt der Mann in Zukunft selber!" - so sprach der Chirurg nach der OP und da erinnerte ich mich erneut an das trostlose Joch meiner Herkunft. Glücklicherweise konnte ich dieses längst ablegen und natürlich gibt es kein Zurück mehr für mich.
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Dass der von Arbeit und schlechter Herkunft gezeichnete Körper mit einem dieser Super-Klappmesser nicht mithalten kann, das versteht sich ja von selber. Allerdings wäre auch ohne den traumatischen Hintergrund kein Model aus mir geworden, aber das liegt nicht nur an meiner eher kuscheligen Figur. Es wäre mir schon charaktermäßig gar nicht möglich gewesen, mich in eine solche Scheinwelt zu begeben und auch der Wunsch nach Ruhm und Aufmerksamkeit hält sich bis heute in sehr engen Grenzen. Allerdings verfüge ich tatsächlich sogar über ein nicht unerhebliches, schauspielerisches Talent (ich kann z.B. mit den Augen rollen, ohne dass es jemand sieht) und als begeisterte Sängerin entwickelte ich mich mit der Zeit ganz nebenbei auch noch zu einem echten Stimmwunder. Man stelle sich vor - ich kann sogar mit geschlossenem Mund singen! Und wissen Sie was? Sie würden es nicht mal bemerken, so gut bin ich. Dieses Talent des unsichtbaren Gesanges hat mir im Krankenhaus dabei geholfen, die brutale Einfuhr blankpolierter Stahlkanülen und die damit verbundene unbotmäßige Blutentnahme jeweils würdevoll zu überstehen.
Das Gestern zu reflektieren gelingt mir inzwischen völlig unbeschwert, allerdings hat mich meine Vergangenheit sehr müde gemacht. Jedenfalls kommt es mir so vor, als ob zwischen meinem innerem Feuer und meiner äußeren Leistungsbereitschaft Welten lägen. Am mangelnden Schlaf kann es nicht liegen, denn davon bekomme ich inzwischen mehr als genug. Ich befürchte eher, dass es an diesem traurigen und einsamen Alleinsein liegt und ehrlich gesagt kosten mich die ewigen Selbstgespräche mehr Kraft, als man meinen möchte. Sich mit einem unsichtbaren Du zu unterhalten bedeutet nämlich, sich seinen Lieblingsmenschen intensiv in allen Farben vorzustellen und das heißt am Ende nichts anderes, als dass man eigentlich zwei Personen gleichzeitig steuern muss. Das ist sehr anstrengend, unbefriedigend und ich kann das auch nicht mehr länger annehmen. Ich kann doch nicht annehmen, dass das von meinem Leben schon alles gewesen sein soll! Sehen Sie doch auch so, oder?
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Keb' Mo' - You Can Love Yourself
Aus den Gerichtsakten
Die Zeugin Meyer hat entbunden und kann jetzt wieder geladen werden.